Teil 2
Online Only! Dieses Schreckgespenst erregt derzeit die Gemüter. Die Next-Gen-Konsolen scheinen in der Tat nur mit Online-Verbindung und Cloud-Features ihr volles Potenzial zu entfalten. Doch wo genau liegen hier die
Vorteile für Spieler und Entwickler?
Thomas Puha: Derzeit haben ja weder Sony, noch Microsoft endgültig erklärt, ob sie eine "immer online, immer verbunden"-Politik umsetzen. Für mich bedeutet eine bequeme Konsolen-Erfahrung, all diese Updates, neue
Features und Systemupgrades über Nacht zu erhalten, wenn ich gerade nicht spiele. Für mich ist das einfach spitze! Stellt euch vor, wie die Waffenbalance oder Geometrie-Bugs in Online-Shootern angepasst werden
können – und zwar bequemer, als dafür einen Patch zu installieren. Das ist klasse, damit sehe ich kein Problem! Natürlich könnte es ein Problem sein, wenn die Konsole ohne Internetverbindung zu Nix in der Lage ist. Aber
ich persönlich – ich bin immer online. Das ist für mich wie mit Elektrizität. Ich kann nicht ohne leben!
Was den Cloud-Aspekt angeht, ist dessen Potenzial nur schwer abzuschätzen. Aber die Möglichkeiten sind wirklich enorm. Man könnte unsere Sichtbarkeits-Berechnungen in der Cloud durchführen und sie beispielsweise in
einem Spiel nutzen, wo der User eigene Städte und Umgebungen kreiert. Auch komplexe Datenanalyse wie Künstliche Intelligenz und komplizierte Simulationen könnte man in der Cloud laufen lassen und in Spielen nutzen.
Das wäre zwar nicht für rasante Ego-Shooter geeignet, aber wirklich – die Möglichkeiten sind da enorm!
Inwiefern ist es ein Vorteil, dass beide neue Konsolen auf APUs setzen, also einen einzigen Chip, in dem Prozessor und Grafikeinheit vereint sind?
Otso Mäkinen: Es erlaubt CPU und GPU, effizienter miteinander zu kommunizieren. Es erlaubt besseres Load Balancing. Das bedeutet, dass Entwickler die ihnen zur Verfügung stehende Rechenleistung viel einfacher
nutzen können. In der aktuellen Konsolengeneration ist es typisch, dass Spiele entweder den Prozessor oder die Grafikkarte bis zum Maximum beansprucht, während sein Gegenpart einige Rechenzyklen lang nichts zu tun
hat.
Wo liegen die größten Herausforderungen beim Entwickeln für die neuen Konsolen?
Seit 2010 arbeitet Umbra Software eng mit dem Halo-Entwickler Bungie zusammen. Gemeinsam werkelt man an der Grafikengine der Shooter-Reihe Destiny, die uns in den kommenden zehn Jahren begleiten soll. [Quelle:
Siehe Bildergalerie]
Thomas Puha: Ich denke, die größte Herausforderung ist, wie kompliziert Spiele neuerdings sind. Es gibt so viele Dinge zu bedenken, jetzt wo Spiele zu Diensten geworden sind und nicht mehr nur eine Disc, die verkauft
wird und das war's. Heutzutage veröffentlicht man ein Spiel und die Arbeit geht direkt weiter. Man verbessert es, fügt neue Features hinzu und reagiert auf User-Feedback mit Feinjustierungen. Es ist bereits eine Anstrengung,
drei Jahre lang an einem Spiel zu arbeiten. Aber wenn man es dann, nachdem es fertig ist, weiter unterstützen muss, kann das echt hart werden.
Es gibt so viele Features, von Facebook über Online-Anbindungen, Mobile App und so weiter, die in Spiele und deren Online-Server eingebunden werden müssen. Es sind einfach so viele Dinge, an die man denken muss
und das ist wirklich einschüchternd.
Was die Hardware selbst angeht, ist die ziemlich standardisiert. Wichtig ist, dass wir hauptsächlich Microsofts Visual Studio und ähnliche Entwickler-Programme nutzen, die wir sehr gut verstehen und die einfach zu bedienen
sind. Alles – vom Compilern über Debugger bis hin zu Analyse-Tools – sind auf PS4 und Xbox One recht fortgeschritten und stabil, was einen riesigen Unterschied macht.
Wir haben den Eindruck, dass Entwickler in dieser aktuellen Konsolengeneration wirklich lernten, dass das Lizensieren von Middleware Sinn macht. Denn es ist Wahnsinn, alles selbst zu machen – es ist nahezu unmöglich.
Middleware "verringert" die Performance eines Spiels nicht, sie kann helfen. Natürlich bin ich da voreingenommen, aber so etwas wie Umbras Sichtbarkeits-Technologie ist seit 2007 bei Experten in Entwicklung, die nichts
anderes tun, als dieses eine Problem wirklich gut zu lösen. Das bedeutet, dass unsere Lösung – wie andere Middlewares – in der Regel sehr, sehr gut optimiert ist.
Die Herausforderung ist es, all diese Dinge zu unterstützen – all diese Systeme im Code und auch die Menge an Inhalten (Objekte, Sounds). Die Leute werden von der kommenden Generation erneut Fotorealismus erwarten.
Man hat also Künstler, die Schrauben oder Dreck in Häusern oder an Autos modellieren. Das kostet einfach Zeit. Mir macht es ein wenig Sorgen, welche Qualität von den Spielwelten erwartet wird. Die zu gewährleisten, wird
viele Mann- und Frau-Jahre kosten, denn so etwas kann man unmöglich automatisieren. Outsourcen kann man es allerdings.
Langlebigkeit ist ein wichtiger Faktor für eine Konsole. Wie stellen Sony und Microsoft das sicher? Gibt es Raum für Optimierungen? Und wo hat die sich konstant entwickelnde PC-Plattform die Nase vorn?
Thomas Puha: Vieles davon habe ich bereits angesprochen. Sicher – man kann in einen Laden gehen und einen PC zusammenbauen, dessen Hardware-Spezifikation auf dem Papier besser ist, als die von PS4 und Xbox
One, aber das ist nicht die Realität. Konsolen vermeiden all die Performance-Flaschenhälse von PC-Hardware. Sie optimieren, standardisieren und bieten eine wunderbare Betriebsystem-Ebene obendrauf, womit sie in
vielerlei Hinsicht überlegen sind. Man kann Software auf derart vielfältige Weise für eine Konsolen-Plattform schaffen und sie dafür optimieren, wie es für PC nicht möglich ist. Das ist die Realität!
Schauen wir uns The Last of Us, Killzone 3 und Tomb Raider auf den aktuellen Konsolen an. Diese Spiele sehen richtig gut aus, viel besser als die erste Generation an PS3- und 360-Spielen. Ich habe seit dem C64 Spiele
gezockt und ich denke, wir als Spieler hatten es noch nie so gut, wie in den letzten paar Jahren. Die Qualität von Spielen ist unglaublich – von Innovation, über Gameplay bishin zur Grafik.
Die 8 Gigabyte Arbeitsspeicher sind in dieser frühen Phase tatsächlich so viel, dass wirklich kein Entwickler wirklich weiß, wie er ihn ausnutzen soll oder sicherstellt, dass seine Grafikengine überhaupt Daten so schnell hin
und her schubsen kann, dass sie Vorteile vom GDDR5-Speicher der PS4 hat. Viele Systeme müssen in den kommenden Jahren neu entwickelt werden, um einen Vorteil zu erzielen. Wir werden in den kommenden Jahren
also definitiv einige massive Sprünge bei der Spielegrafik erleben.
In heutigen Plattformen ist Speicherplatz absoluter Luxus. Für unsere Umbra-Software brauchen wir einige Megabyte, was für die aktuellen Konsolen nur schwer erreichbar ist. Aber bei Next Gen kümmert es derzeit
niemanden, ob wir 20 oder 80 Megabyte verbrauchen. Es gibt so viel Speicher, der zur Verfügung steht!
Die neuen Konsolen haben also auf jeden Fall viele gute Jahre vor sich – kein Zweifel! Sie sind sehr viel mehr mit dem Gedanken an Erweiterbarkeit konstruiert worden. Ihre Betriebssysteme sind also nicht starr, sondern
sehr flexibel.
Nachdem dies alles gesagt ist, muss ich aber auch sagen, dass wir Menschen stets Neues wollen. Wir kaufen neue Telefone und Fernseher in viel kürzeren Abständen als zuvor, auch wenn wir sie nicht brauchen. Wir
langweilen uns nur schneller und das trifft auch auf Konsolen-Hardware zu. Die Spiele mögen genial sein, aber PS3 und 360 fühlen sich dennoch "alt" an. Wir brauchen etwas Frisches, auch wenn mit keiner der Konsolen
irgendetwas nicht in Ordnung ist. Ich denke, dieser Charakterzug wird sich in Zukunft noch beschleunigen!
Beide Next-Gen-Konsolen werden bekanntlich 8 Gigabyte Arbeitsspeicher besitzen. Was bedeutet das für die Entwicklung von Spielen und deren Qualität. Und ist die Menge ausreichend?
Otso Mäkinen: In den bisherigen Konsolen war der verfügbare Arbeitsspeicher eine der größten Limitierungen für die Grafikqualität. Es gab nicht genug Speicher für hoch aufgelöste Texturen oder HD-Auflösungen. Genug
Speicher zu haben, macht einen riesigen Unterschied, denn es erlaubt Grafik-Designern, weitaus detailliertere Texturen und Umgebungen zu schaffen. Auch eine hohe Speicherbandbreite ist wichtig, denn all diese Textur-
Daten müssen für jeden Frame aus diesem Speicher gelesen werden – und zwar bei 30 bis 60 Frames pro Sekunde.
Thomas Puha: Das ist in der Tat etwas, mit dem aktuelle Spiel-Engines noch ihre Probleme haben. Einige der Entwickler, mit denen ich gesprochen habe, lachten darüber, plötzlich all diesen Speicher zu haben aber
dennoch Teile der Engine neu schreiben zu müssen, weil sie nicht in der Lage ist, die Daten schnell genug zu durchzureichen. Das ist ein sehr positives Problem und wir werden die Ergebnisse auf lange Sicht mitbekommen.
Zu guter Letzt: Gibt es noch weitere Punkte, in denen die nächste Konsolengeneration dramatisch besser ist, als die aktuelle?
Thomas Puha: Hinter den Kulissen sind Sachen wir Entwickler-Tools und der Support wirklich klasse. Ich kann nicht zu sehr ins Detail gehen, aber verglichen mit der PS3 und dem Aufwand, den man damit hatte, um etwas auf
dem Bildschirm zu laufen zu bringen, ist im Vergleich zur PS4 ein Unterschied wie Tag und Nacht. Die Dinge haben sich stark gebessert, auch wenn sie zweifellos gleichzeitig komplizierter wurden.
Es gibt eine große Menge Leute bei Microsoft, Sony und Nintendo, die wirklich hart arbeiten, um Entwicklern beim Erschaffen toller Spiele zu helfen.
Vielen Dank für eure spannenden Ausführungen und weiterhin viel Erfolg!